religious technology

Es gibt einen Grund, warum ich Linux nur noch selten benutze. Selbst zu jener Zeit, zu der es nur Solaris 9 auf x86 gab. Es ist keine Arbeitgeberloyalität. Ich verwende schließlich als Arbeitsplatzbetriebsystem zuhause und auf meinem Notebook MacOS X und mein Arbeitgeber heisst nicht Apple (immer noch die einzige Firma, die mich im technischen Coolnessfaktor reizen könnte) Es ist die Quasireligösität, mit der auch technische Entscheidungen gefällt werden. Sei es der Kampf um den besten Scheduler, sei es die Auslegung der GPL oder sei es die Einführung einer stabilen Treiber-API. Die Tatsache, das sich die Schnittstellen zu den Treibern jederzeit ändern können, bedeutet letztlich nichts anderes, das ich genau hingucken muss, ob ich einen Treiber überhaupt benutzen kann. Da mittlerweile auch große Firmen Treiber für Linux anbieten, entsteht ein Dilemma: Veröffentliche ich mein Wissen, meine Erfahrung, mein KnowHow, oder bietete ich ein closedsource-Treiber an (was aufgrund der GPL seine eigenen Probleme mit sich bringt).
An sich ist das kein Problem. Für sich allein kann ich sagen “Der Treiber für die Zumbitsu-FC-Karte braucht ein Linux 2.6.13 bis maximal 2.6.16. Benutz ich das halt”. Was mache ich aber, wenn meine Applikation nur für Linux 2.6.20 und darueber zertifiziert ist ? Warten bis die Zumbistu-Karte nachzieht ? Die Antwort der Linuxgemeinde ist: “Was verwendest du überhaupt closed-Source-Treiber. Opensource ist das Heil der Welt und führt zu besseren Treibern”. Ja gut, das mag sein. Das loesst aber meine Probleme nicht, vielleicht brauche ich ja die Zumbitsu-Karte, weil diese an meinen Speichersubsystemen unterstütz sind”. Mir würde da ja schon helfen, wenn wenigstens in einer Reihe die APIs stabil bleiben würden. Tun sie aber nicht.
Die Lösung wäre hier eine stabile API, in der ich Treiber unabhängig von ihrer Version verwenden kann. Es kann ja meinetwegen noch eine voilatile API nebenher geben, für jene die die letzte Performance rauskitzeln wollen.
Unter Solaris funktioniert das. Einen Treiber kann ich in der Regel in Solaris 7,8,9 und 10 ohne Änderungen verwenden. Ich muss nur nachgucken, ob ich dafür Support bekomme.
Wo liegt der Unterschied: Solaris ist ein kommerzielles Unix, das von Kunden betrieben wird, die handfeste kommerzielle Interessen haben. Die Leute auch ganz schnell wieder vor die Tür setzen, wenn sie mit dummen oder unzufriedenstellenden Antworten kommen.
Linux ist immer noch nicht so wirklich aus der Enthusiasten-Ecke heraus. Linux ist mit einer Religion zu vergleichen. Mit Dogmen, die es zu befolgen gilt. Das Dogma der freien Verfügbarkeit des Codes. Das Dogma, das freie Verfügbarkeit unter allen Umständen zu besseren Code führt. Das Dogma, das jeder sein Wissen einfach so offenlegen will.
Nichtbefolgung führt zu einer Art Ausgrenzung. Und ähnlich der katholischen Kirche hält sich die Religion der Linux-Entwickler für das Zentrum der zivilisierten Welt. Möget ihr an unserem Weltbild genesen. Gebt uns euren Code auf dem Weg zu ewiger Glückseeligkeit Aber man muesste ueberlegen: Was würde passieren, wenn NVIDIA sagen würde: Das mit Linux ist uns zu nervig. Wird nicht mehr unterstützt. Ich weiss nicht, wer dadurch den größeren Schlag erfahren würde.
Ich weiss mittlerweile Weltanschauungsagnostik und Professionalität auch bei Technik zu schätzen. Sie macht mir das Leben in der Praxis erheblich einfacher. Und daher verzichte ich zunehmend auf Linux.
Warum Linux denoch so erfolgreich ist? Die Erfahrung mit Linux während der Jugend und dem Studium hat eine Generation von Fricklern hervorgebracht. Und aus “Hersteller … machen !” ist “Das frickel ich mir mit Software A und Software B” zusammen. Eine ganze Branche verdient mittlerweile hervorragen daran, diesen Verhau zu supporten. Und gespart wurde am Ende nichts.