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Ich war eigentlich bisher immer der Meinung, das sich erfolgreiche Beziehungen (also jene, die über die einmalige körperliche Interaktion hinausgehen) an gemeinsamen Interessen kristallisieren. An gemeinsamen Erinnerungen, an gemeinsamen Tätigkeiten, an gemeinsamen Gefühlen. Deswegen wirkt die aktuelle T-Mobile-Werbung ein wenig seltsam auf mich. Zwei Menschen treffen aufeinander, und sie haben anscheinend keinerlei Gemeinsamkeiten. Sie beherrschen nicht einmal mehr die Kunst der gepflegten Konversation, in dessen Verlauf sich vielleicht ein interessantes Gespräch ergibt. Eine Oberflächlichkeit soll es richten. Dem Herrn fällt ein Ansteckbutton einer Band auf, der Dame sticht ein Buch ins Auge. Doch beide wissen nichts über die jeweilig präferierte Kunst. Der gesunde Menschenverstand legt jetzt nahe, einfach zuzugeben, das man keine Ahnung hat, was sich das Gegenüber zu Gemüte zieht und einfach zu fragen. Interesse zu zeigen. Die meisten Menschen, die ich kenne erzählen gerne über alles, was sie machen, was sie mögen, was sie sind.
In der Werbewelt scheint das ein wenig anders zu sein. Die Werbewelt möchte mir sagen, das ich in einer solchen Situation doch so schnell wie möglich das Internet - unter Zurhilfenahme modernster mobiler Telekommunikationseinrichtungen - konsultieren sollte, um dann in Perfektion nicht existentes Wissen zu heuchteln.
Glauben denn die Werber ernsthaft, das im Internet in einer einem Toilettengang äquivalenten Zeit sich genügend Informationen sammeln liessen, um nicht nach einer halben Minute als völliger Trottel da zu stehen. In der Zeit lassen sich bei der üblichen Geschwindigkeit gerade mal die ersten 5 Seiten von Google ueberblättern, die mir “Chad Kroski”-Bücher und “Soul Melon”-Merchandise anbieten wollen. Danach kommen weitere 5 Seiten mit Links auf “Soul Melon”-Klingeltöne.
Das Internet ist ohnehin ein denkbar schlechter Ort, um auf die schnelle Informationen zu sammeln. Die Möglichkeit das jeder jede Information zu jeder Zeit jedem zur Verfügung stellen kann, hat einen ganz gravierenden Nachteil. Wer sagt mir das die gerade Information korrekt ist. Eine Information, die ich im Netz nicht an zwei unabhängigen Stellen verifizieren kann, ist für mich keine Information, sondern eher ein Puzzleteil, das irgendwie zwar da ist, aber noch nicht eingefügt ist. Im Laufe der zwölf Jahre, die ich das Internet bereits nutze, habe ich einfach zuviel echten Mist gefunden, um dem Netz noch blindlings vertrauen zu wollen.
Obwohl, ich schweife wieder ab: Angenommen die Dame findet auf die schnelle die gewünschte Informationen und wir gehen davon aus, das diese Information auch korrekt ist. Wenn ich Chad Kroski nun so gut finde, das ich sogar das Buch in einen der Abendunterhaltung zuzuordnenden Lokalität mitnehme, dann ist sollte es für mich kein Problem sein, binnen weniger Sekunden zu erkennen, das die Person in einem nur sehr oberflächlichen Maße über entsprechendes Wissen verfügt. Der kurz zuvor erfolgte Toilettengang erscheint in einem ganz anderen Lichte. Und man steht sehr schnell als Trottel dar. Und zwar weil man meinte auf diese billige Art meinte punkten zu können.
Was lernen wir daraus: Da draußen existiert ein Paralleluniversum. Von ganz seltsamen Menschen bewohnt. Es leben Menschen darin, die uns durch ein Teleskop beobachten. Doch das Bild ist seltsam verzerrt. Sie glauben die Menschen zu kennen, aber in Wahrheit rennen sie einem Bild hinterher, das es so nicht gibt. In ihrer Sichtweise gibt es Menschen, die es so nicht gibt, die Dinge machen, die man so nicht macht. Und darum sitzt man vorm Fernseher und wundert sich ueber jene Menschen, die man dort betrachtet. Oder sitzt hier sonst jemand hinter Büschen, um dann Zungenbrecher aufzusagen ?