Ein Vorschlag zur Güte, Frau von der Leyen

Sehr geehrte Frau von der Leyen, Sie haben recht. Kein zivilisierter Mensch kann Kinderpornographie im Netz belassen wollen. Und genau das ist der Grund warum ich die Petition gegen die Netzsperre mitgezeichnet habe. Denn das von Ihnen geplante Vorhaben ist wirkungslos. Es ist zu einfach zu umgehen. Man braucht keine Umgehungsoftware. Gegen eine Filterung via DNS hilft einfach die Systemsteuerung, ein kleiner Eintrag und das Netz ist vollstaendig ungefiltert. Das ist einfach, selbst viele “unbedarfte Nutzer” machen das aufgrund vielfältiger Probleme, die die Technik noch heute den Nutzern in den Weg stellt, wenn es ins Internet gehen soll. Ein zufälliges Treffen auf Kinderpornographie ist meines Erachtens extremst unwahrscheinlich. Ich habe 1992 das erste Mal das Internet in meinem ersten Semester des Informatikstudiums genutzt. Ich habe geholfen, Provider aus dem Boden zu stampfen, als ISDN noch das schnellste verfügbare Zugangsmedium war und gerade begann sein kurzes Leben als präferiertes Internetzugangsmedium zu führen. Ich habe die dot.com-Blase erlebt. Meine Karriere ist in grossen Teilen ein Produkt des Internets, ein Ergebnis des Aufstiegs des Internets. Es begleitet mich seit vielen, vielen Jahren. Wenn ich Google Web History trauen darf, habe ich seit Oktober 2005 ungefaehr 17.000 Suchabfragen bei Google abgesetzt. Wahrscheinlich sind es viel mehr Suchabfragen, weil ich mehrere Browser nutze, und nur einer zum Einloggen bei Google verwendet wird. Aber egal, das interessante Faktum ist: Ich habe vieles zufällig gefunden, aber nicht ein einziges mal bin ich auf eine kinderpornographische Seite gelangt. Ich schliesse mich Herrn Häusler vom Spreeblick an: Ich verspüre nicht wenig Lust, Sie der Verleumdung anzuzeigen. Nachdem sie kuerzlich Internetspezialisten in die Nähe von “Pädokriminellen” (ein Unwort im übrigen, eine sinnleere Worthülse) gerückt haben, schieben sie Menschen, die einfach nur effektive Mittel der Kinderpornographie wollen ohne den Kollateralschaden eines nicht zu kontrollierenden Mechanismus, in die Nähe eines unzivilisierten Mobs. Ich kann auch Herrn Guttenberg nicht verstehen, dem es unverständlich ist, das die Mitzeichner der Petition gegen Sperrung von Kinderpronographie ist. Ich habe zumindestens seine Aussage so verstanden. Die Mitzeichner der Petition sind nur in soweit gegen die Sperrung als das wir für die Entfernung und Straffverfolgung dieser abscheulichen Inhalte und deren Erzeuger sind. Ich will nicht nur ein Tuch über dieses Leid legen. Ich will es verfolgt sehen. Ich will es bestraft sehen. Hören Sie bitte auf, in Ihrem Bestreben eine Scheinlösung für ein sicherlich bestehendes grosses Problem durchzusetzen, etwas zu zerstören, nämlich das Vertrauen, das das Netz eine ungefilterte Möglichkeit der Kommunkation ist. Hier nun ein Vorschlag: Anstatt wild gegen Menschen zu schlagen, die einfach in Sorge um ein von Ihnen genutztes Medium, in ein von Ihnen errichtetes Medium sind, könnten Sie das in diesen Menschen verfügbare Wissen nutzen, um Mittel und Wege einer wirklich effektiven Bekämpfung zu finden. Wir nennen das Crowdsourcing, auch etwas neues, auch etwas das erst das Internet ermöglicht hat. Nutzen sie das Wissen der nun beinahe 59.000 Menschen, die die Petition mitgezeichnet haben. Treten Sie in einen Dialog mit dem Medium, das Sie zu kontrollieren suchen. Grüsse
Jörg Möllenkamp