The state of wait

Wenn man die Planung fuer eine Reise macht, denkt man “Ach, vier Stunden sind doch nicht so lang. Das Meeting dauert eh laenger und ansonsten kann man ja immer noch am Flughafen arbeiten.” Und nimmt man für den Rückflug doch ein verbliebenes Ticket. Man will ja sparen und für die preisliche Differenz könnte man mit einem anderen Angebot des gleichen Carriers auch nach New York fliegen. Es passiert am Ende wie es passieren muss. Termin ist sehr puenktlich beendet, keine Schlange bei der Rückgabe des Leihwagens. Die Schlange an der Security ist gerade zwei Personen lang. Das Unheil hat seinen Lauf genommen: Es ist siebzehn Uhr und ich sitze am Gate. Mist.

MUC

Also arbeiten. Nun … das war so geplant, als mein Powerbook noch nicht im Himmel für altgediente Elektronik weilte. Mein neues Apple-Notebook (privat beschafft) ist noch nicht da. Jetzt fällt boese auf, das bei meinem für Solaris-Spielereien gekaufen Notebook die WLAN-Karte noch nicht mal von Linux unterstützt wird. Arbeiten … geht also auch nicht. Und jetzt merkt man ploetzlich das vier Stunden sehr lang werden können. Umbuchen geht nicht … man ist ja ein guter Mitarbeiter und bucht eines dieser billigen unumbuchbaren Tickets. Der Versuch wäre ohnehin lächerlich. Es ist Oktoberfest in München und sämtliche Flüge sind dicht. Wie sagte die Dame am Ticketschalter morgens: “Das “verfallen” an Ihrem ETIX bedeutet nix, aber nicht verpassen … die Flüge sind voll.” Wenn es nichts bedeutet, warum steht es dann da, hatte schon die Hoffnung nicht nach München fliegen zu muessen, mit der Ausrede “Lufthansa hat Mist gebaut”. Einer Ausrede, bei der jeder wissend nur mit dem Kopf nickt. Kennt man ja …. Man denkt sich: Hey, ich bin ja FTL … ab in die Lounge. Nunja, sicherlich eine gute Idee, doch so schnell ist die silberne Karte dann doch nicht beim aufstrebenden Business Trottel. Warum allerdings der Kontoauszugdrucker (zur ersatzweisen Überprüfung des Einlassbegehrens) schreibt “keine Kontenbewegung” … ja … das vermag ich auch ncht zu sagen … kein FTL-Nachweis … kein Einlass … so ziehe ich wieder von dannen um die naechsten drei Stunden und 45 Minuten zu erschlage. Ah .. das Gate hat sich wenigsten nicht geaendert. Also erst mal hinsetzen. Und gleich wieder aufstehen. Zeitungständer abgrasen. Tee holen. Es gibt wahrscheinlich tausende von unterschiedlichen Teebeutel-Tees … aber die Lufthansa schafft es wirklich den letzten Rest aus den Schiffen in ihre Beutel zu verfüllen. Was wohl die Security dazu sagen würde, wenn man sich seine eigenen Beutel mitbringt. Trotzdem … der Vorgang des Tee holens wird sich in den nächsten Stunden noch wiederholen … Zeitungen … Welt … Welt kompakt … hmm … wenn ich die Bild-Zeitung lesen will, dann hole ich mir die Bild, da sind wenigstens die Ueberschriften groesser. Aber wer will schon Bild lesen. Okay, es ist Donnerstag und die Zeit ist noch verfügbar. So schwer, das sich einige Zeit spaeter herausstellen wird, das sie prima zum Komprimieren des Mülls im Abfallkorb durch einfaches Hineinwerfen geeignet ist. Die Mopo habe ich noch vom Zeitungsständer in Hamburg. Wohlweisslich noch nicht angelesen. Das Problem der einzigen noch lesbaren deutsche Zeitung ist ihre Groesse … ich sitze normalerweiser bei der Lektüre im Schneidersitz auf dem Teppich. Aber das geht ja hier nicht … also raumgreifend lesen und dahinter sitzt auf Flughäfen immer ein gelangweilter Kopf. 20 Minuten später wird der Müll durch das Gewicht der Zeitung komprimiert. Nur teilweise gelesen … ohne richtigen Tee, ohne Schneidersitz und ohne den Teppich ist das einfach nicht das selbe. Mag mich mal jemand erschiessen? Flughäfen sind Stätten, bei denen das Wohlfühlen des Fluggastes auf der Liste der unbedingt zu vermeidenden Eigenschaften steht. Und ih fühle mich gerade garnicht wohl. Drei Stunden noch bis mich LH060 forttragen wird … ein Teppich aus letzten Aufforderungen, seinen Hintern doch endlich zum und durch das Gate zu bewegen, seine Koffer nicht rumstehen zu lassen (wenigstens ist die Unart, gleich die Sprengung anzudrohen, noch nicht von LGW nach MUC geschwappt) und Entschuldigungen, das man wieder mal ein Flugzeug nicht rechtzeitig fertig geworden ist, bohrt Löcher in die Contenance … Man will “Schauze” schreien … aber das wird wohl nicht helfen. Warten … nach gefühlten 20 Minuten ist die Uhr nur 10 Minuten fortgeschritten, nein, fortgekrochen Noch nen Tee. Ein völlig überteuertes Brötchen kaufen. Gedankenverloren kauen, während man sich auf ein Produkt einer Ingolstädter Firma blickend sich das Fahrzeug nicht anguckt. Der Blick ist eigentlich hunderte Meter weiter weit weg, während man sich nicht hunderte Kilometer nach Norden wünscht. Den nächsten Buchladen suchen und sich Bücher angucken, die man nicht kaufen wird, weil man sie sich nicht kaufen will. Bin viel zu müde, um lesen zu wollen. Ein Lichtblick: Mit Hilfe von einigen Telephonaten ist die nächste Stunde schnell erlegt und erledigt. Dafür möchte man sich jetzt aber den nächsten Pfeiler suchen und die Stirn daran einschlagen. Und eine Stimme singt im Hintergrund “Pretty Paracetamol”. Gedacht, getan und mit einem weiteren schlechten Tee der durch Zitronensaft geschmacklich unkenntlich gemacht wird, findet die Kopfschmerztablett ihren Weg in den Magen. Und wieder fällt mir diese Redensart ein: “Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht vom jedem”. Das Gate G22 hat uebrigens enine weitere Eigenart … der erlesene Kreis der First-Class-Kunden wird von hier mit Stuttgarter Limousinen zum Flieger gefahren. Was hätte nicht alles aus den S-Klassen werden können. Vorstandsfahrzeuge … die Sänfte eines besonders erfolgreichen Vertreters, vielleicht eine gepanzerte Prominentenschleuder. Alles vergeben, alles vertan. Sie fristen Ihr Dasein als Kurzstreckensänfte. Welch Verschwendung. Ich frage mich gerade, wieviele Mitglieder des Flugpöbels mit ihren Economytickets pro Maschine gebraucht werden, um diesen Unsinn zu bezahlen. Es treffen so langsam die ersten Mitfliegenden für LH60 ein … und damit wirds auch interessanter. Der Mann, der zwei “Hab dich lieb”-Telephonate führt, nur zwei unterschiedliche Frauennamen verwendet, die Frau mit dem hochausgeschnittenen Rock (schon der zweite dieser Art, der mir heute aufgefallen ist), die sich nicht entscheiden kann, wie sie die Beine uebereinanders schlagen soll. Wenige Minuten später trifft auch das obligatorische Baby ein, das sich als erstaunlich leise herausstellen wird. Noch ein Tee. Ringsrum werden kurznachrichten getippt, Crackberries werden mit gekrümmter Hand ausgiebigst betrachtet und Dinge vernehmlich in Telephone gesprochen , die lieber im Orkus des Geschäftsgeheimnisses oder der Intimsphäre verblieben wären. Gate 22 wird endlich besetzt … es kann nicht mehr lange dauern. Wer erklaert eigentlich den Wichtigtuern mal, das man sich nicht beim Gatepersonal melden muss, um wirklich sinnlose Fragen zu stellen. Ich würde wahrscheinlich mittlerweile antworten “Nein, die Flugnummer und das Ziel von Ihrem Ticket stehen nur zum Spass oben am Display” Nur noch 25 minuten bis zum .. kein Flieger zu sehen. Die Menschen bewegen sich so langsam richtig Gate … man versucht eine möglicht gute Ausgangsposition im Kampf um die Gepäckablage zu bekommen. Drängelnals müssen die letzten im Mittelgang stehen. Schon fuenfzehn Minuten vor dem Boarding entscheidet ein gelackter Anzugträger mit geltrunkenem Haar diese Auseinandersetzung locker fuer sich, in dem er sich mittig vor den Ausgang stellt. Immer noch kein Flieger … halt stopp … mir viel Geschwindigkeit kommt der Aribus um die Ecke. Noch 15 Minuten bis zur Uhrzeit, die sich die Lufthansa zum Boarden vorgestellt hat.. Normalerweise klappt das dann nie mit dem Rechtzeitig los. Klappt auch diesmal nicht. Wobei die Dame am Checkin durchaus Entertainment-Qualitäten an den Tag legt … immerhin darf sie innerhalb kurzer Zeit erklaeren, das sie zunächst nicht weiss, wann das Boarding beginnt, um kurze Zeit später einen Einsteigebeginn in einer viertelstunde anzukündigen . Und, oh Wunder, eine Minute später klingelt das Telephon … Einsteigen beginnt. Durch Vertrauen in die Technik via automatischem Boardinggate locker am gelackten Anzug vorbeigezogen, als erster die Gangway runter gehen. Hinsetzen. Ich glaube, ich habe schon geschlafen, als wir vom Finger zurückgestosen worden sind … wecken würde mich erst das Aufsetzen in Hamburg.