Einblicke in die Hölle

Ich habe mich in den vergangenen Jahren schon gefragt, für wen unterschichtoides Fernsehen gemacht wird. So wie “Jetzt wird alles gestanden” oder Babara Salesch oder wie die Formate so alle heissen, die bei mir nur einen Fremdschämanfall nach dem anderen ausloesen. Ich sitze gerade in einem Zug Richtung Bremen. Etwa drei Sitzreihen vor mir in Blickrichtung sitzt wohl die Zielgruppe. Etwa 20 Jahre alt, Muskelshirt, bauchfrei, LLAI-Schirmmütze. Wohlgemerkt der maennliche Part des Paares. Der weibliche Part sieht noch recht normal aus, wohl etwas juenger, laesst sich von ihrem Begleiter uebel zusammenstauchen, ohne das eine angemessene Reaktion kommen würde. Einige Kommentare sind dergestalt, das eine Frau mit Selbstachtung wohl zur Kastration schreiten wuerde. Gerade entdeckt Herr Proll die Existenz von Funklöchern. Uebrigens mit einem Telephon im Zug ueber die Freisprechfunktion telephonierend. Was soll das? Ist das jetzt hip? Zu diesem infernalischen Duo kommt noch eine weitere Frau dazu. Gelinde gesagt, eine wohlgenährte Person. Ueber den Mittelgang hinweg werden die Erlebnisse der letzten Tage rekapituliert. Vieles davon aus der Kategorie “Too much information”, nichts mit der Bedeutung, das die Lautstärke rechtfertigen würde, mit der apokalyptische Trio hier die Hälfte des Zuges je nach persönlicher Toleranzschwelle nervt oder unterhält. Wenn man sich diese Ansammlung von Menschen ansieht, versteht man ploetzlich, warum sich oben genannte Formate so lange halten koennen. Es ist einfach Bedarf fuer Formate, die sich davor hüten, irgendwelche Informationen in die Haushalte diese Menschen zu transportieren. Denn den Effekt auf diese drei Mitreisenden, die ich nur bis Bremen ertragen musste, waere wahrscheinlich fatal.