Benehmen in der Bahn

Ich glaube, es ist die frühe Morgenstunde, die in den Zügen jede Höflichkeit zum Teufel fahren laesst. Es wird gedrängelt. Ist ja normal. Es wird um jeden Zentimeter beim Einstieg gekämpft. Auch normal. Gewöhnt man sich dran. Wann immer es um Verteilungskämpfe geht - und sei es nur um einen Sitzplatz in einem Fernreisezug der Deutschen Bahn - ist schon mal mit leichten Einschränkungen bei der Benimmfähigkeit. Mach ich auch. Bahnfahren in einem vollbesetzten Zug ist nun mal ein Vollkontaktkampfsport, auch wenn ich versuche, so wenig Leuten wie möglich auf die Füsse zu treten. Und Reservierungen machen Bahnfahren wirklich sehr viel entspannter.
Es gibt nur ein Benehmen, das nicht zu entschuldigen ist: Gewaltrücksteller. Das ist jene Gattung Mitfahrer, die sich in das fahrende Sitzmobiliar wirft und als erstes den Sitz in einer Geschwindigkeit und Kraft zurückstellt, als würde es um das Verformen von Stahlblechen im Akkord gehen. Jetzt geht es mir nicht so sehr um die Sitze, die gehören der Bahn und sind wohlweisslich so gebaut, das sie einige tausend dieser Volltrottel vertragen. Es geht mir eher um das , was hinter diesem Sitz ist. Die Knie der Mitmenschen, Notebookbildschirme, Thermoskannen.
Ist es zuviel verlangt, kurz nach hinten zu gucken, und darauf hinzuweisen, das man plant, sich in eine beinahe liegende Position zu bringen. Oder zumindest Kraft und Geschwindigkeit so reduziert, das man als Mitreisender eine Chance hat, auf die empfindliche Einschränkung des eigenen Bewegungsraumes zu reagieren.