Ein neuer Tag ...

Das wir mit großen Schritten in Richtung Winter gehen, das der Sommer sich also so langsam dem Ende zuneigt, merkt man momentan nicht gerade an den Temperaturen. Da es dem Wetter in den letzten Jahren ohnehin zunehmen egal ist, wie der Mensch die Jahreszeit zu nennen beliebt, habe ich mir ohnehin mittlerweile eine andere Strategie zu entwicklen, wo wir im Jahr wohl stehen (jetzt mal abgesehen von so hilfreichen Erfindungen wie den Kalendern). Steige ich morgens um 6.38 in den ICE nach Berlin Zoo und es ist beinahe taghell, werden wir wohl Sommer haben, oder sowas in der Art. Gemessen daran, das es noch recht dunkel war, als ich mit halb geschlossenen Augen um etwa sechs Uhr die Wohnung verschlossen habe, werden wir wohl gerade in den beginnenden Herbst eines Jahres ohne Sommer reinrennen.
Ich frage mich gerade, wo die Zeit geblieben ist. Eigentlich war es doch noch garnicht so lange her, das dieses Jahr angefangen hat. Zumindestens dachte ich das so. Das liegt wahrscheinlich daran, das die Themen in etwa die gleichen sind. Deutschland wird immer noch schlechtgeredet, auf der Welt ist irgendwo eine Katastrophe passiert, es sind einige Kinder bei einem Unglueck in Europa gestorben, irgendwo musste wieder ein Kind unter einem geisteskranken Erwachsenen leiden (ich bin ja an der Stelle für die Pulp Fiction-Methode, oder um es mit Marcellus Wallace unsterblichen Worten zu sagen “… durchgeknallte Crack-Nigger mit Lötlampen ..”). Halt das Übliche, business as usual auf diesem Planet. Es gibt einfach kein Entsetzen mehr. Irgendwann sind wir so gesaettigt, das wir nicht einmal mehr aufmerken, wenn es einen Verwandten oder engen Freund/enge Freundin erwischt. Aber mit denen reden wir ja eh nur noch in Talkshows, in denen wir schmutzige Wäsche waschen, die es in Wirklichkeit garnicht gibt.
Ein Umstand ist recht interessant (okay, nicht wirklich) an der Bahnstrecke zwischen Hamburg und Berlin: da stehen zig Hochsitze zu beiden Seiten. Stellt sich die Frage, wie oft so ein ICE von Schrotkugeln getroffen in den Bahnhöfen ankommt. Ich weiss nicht warum, aber vor meinem geistigen Auge liegt gerade ein ICE auf der Seite mit einem Tannenzweig im Stromabnehmer … “Hallali, der Zug ist tot”.
Die Augen zu schliessen wäre jetzt eine Idee. Aber das lohnt auch nicht mehr so recht. Sind nur noch 18 Minuten bis Berlin Zoo …. so langsam sollte ich mich mal mental darauf vorbereiten, gleich in den Zug nach Potsdam umzusteigen um dann einen Tag bei meinem Lieblingskunden zu verbringen. (Nebenbei gesagt, hiermit ist bei diesem Kunden der erste Typus des “Lieblingskunden” gemeint. Berater haben zwei Typen von Lieblingskunden: Der erste Typus ist der Kunde, der was will, der lernbegierig ist, der verständig ist, wenn etwas technisch einfach nicht geht, der weiss, was möglich ist, und was nicht möglich ist, und sich erklären lässt, warum etwas nicht möglich ist. Das sind die Kunden, zu denen man gerne fährt. Ja, und dann gibt es den anderen Typ: Arrogant und von sich selbst überzeugt. Lernresistent. Nicht halb so gut, wie der Kunde glaubt. Tage bei solchen Kunden können lang werden. Ein Kunde, bei dem man denkt : “Nee ne …”). Für Kunden gilt aber wohl das selbe , sie haben auch Lieblingsberater und “Lieblingsberater”.
Im Osten erscheinen die Vorboten von Berlin. Falkensee seit wenigen Sekunden hinter mir. Die Sonne spiegelt sich in einer Maschine, die sich gerade im Landeanflug auf Tegel befindet.. Zeit, den letzen Schluck Kaffee hinunterzustürzen. Zeit meinen Krempel zusammenzupacken. Mal sehen, was dieser Tag bringen wird.